
Corona hat das Miteinander der Generationen erschüttert. Driften die verschiedenen Altersgruppen nun auseinander? Brauchen wir ein neues Generationenmiteinander? Oder steht uns ein Generationenkonflikt bevor? Braucht es eine neue Definition der Generationen? Podium zum Nachschauen und Nachlesen.
Zusammenfassung, Gaby Jordi: Die Corona-Krise trifft alle Generationenprojekte auf dem linken Fuss. In Zeiten des physical distancings und der Empfehlung, Generationen nicht zu durchmischen, liegen diese Projekte auf Eis. Das Berner Generationenhaus als Begegnungsort hat während des Lockdowns physisch stark gelitten, so Till Grünenwald. Zoom erwies sich in dieser herausfordernden Zeit vielerorts als Rettung: Vielen Senioren ist es gelungen, auf den digitalen Zug aufzuspringen, sich mit andern zu vernetzen, so die Lockdown-Einsamkeit zu umgehen. Die digitale Zusammenführung von Menschen klappt trotz Corona.
Damit, meint Dagmar Hirche, konnten wir in dieser nicht ganz einfachen Zeit einige SeniorInnen mitnehmen in die digitale Welt, sie in Schulungen dafür fit zu machen. Dies ist Hirche ein grosses Anliegen. Die digitale Zusammenführung von Menschen hat trotz Corona geklappt.

Corona macht aus allen über 65-Jährigen, ungeachtet ihres gesundheitlichen Status‘, eine Risikogruppe, die es zu schützen gilt. Schleicht sich hier eine Entmündigung älterer Personen ein? Ab wann ist man alt? Durch Corona wird das (hohe) Alter wieder stärker pathologisiert/fragilisiert. Überwunden geglaubte Altersbilder schleichen sich durch die Hintertüre wieder ein und werden zementiert.
Im lokalen Raum fühlten sich viele Junge aufgefordert, sich für die Hochaltrigen in der Nachbarschaftshilfe einzubringen. Hier zeigte sich ein starkes Miteinander. Solidarität basiert auf Gegenseitigkeit. Zuweilen kippte die Solidarität jedoch in Argwohn und rasch zeigten sich wieder Partikularinteressen (Junge feiern Corona-Parties, Alte bleiben nicht zuhause, gehen selber einkaufen, machen Ausflüge). Vereinzelt kam es hier zum «Sündenbock-Ping-Pong».
Ein grosser Teil unserer Zivilgesellschaft gründet auf dem Engagement im dritten Alter. Gerade die ehrenamtlichen Einsätze der Risikogruppe wurden in diesen Wochen durch die Corona-Regeln völlig runter gefahren, Tagesstrukturen brachen weg. Vor allem für alleinlebende SeniorInnen war das schwierig. Auf der anderen Seite ist unbestritten, dass auch Junge (Familien, Kinder und Jugendliche) ihren Teil beigetragen haben, indem sie die kollektiv verordnete soziale Einschränkungen der Notstands-Regeln mit getragen haben (Home-Schooling, Home-Office…).
Die Corona bezogenen Patientenverfügungen sowie die Richtlinien für die Triage bei Ressourcenknappheit auf Intensivstationen gibt zu reden. Peter Schneider spricht in diesem Zusammenhang von «vernünftiger Selbstentsorgung in gesellschaftlichen Krisenzeiten». Er moniert hier eine Tendenz, die es schon lange gibt: Drei Viertel der SchweizerInnen befürworten den assistierten Suizid. Eine «vernünftelnde Bewirtschaftung des Todes» steht der traditionellen Scheu des Todes gegenüber. Diese Botschaft ist bei den Alten angekommen – hier bröselte die Solidarität rasch. Monika Blau warnt: Das Bild der Alten, die von Lebensunlust geplagt auf den Tod warten, entspricht nicht der Realität. Solche Altersbilder gilt es zu reflektieren.
Ein weiteres gesellschaftlich relevantes Thema ist die ökonomische Bilanzierung von Kosten/Nutzen am Ende des Lebens. Diese Tendenz ist gefährlich. Corona hat die Frage nach der Bedeutsamkeit von Wertschätzung in den Pflegeberufen und (zivilgesellschaftlicher) Care-Arbeit stark akzentuiert. Ob daraus die nötigen Lehren gezogen werden, darf bezweifelt werden.
Corona beflügelte die Digitalisierung. In dieser nicht ganz einfachen Zeit, konnten wir SeniorInnen mitnehmen in die digitale Welt, meint Dagmar Hirche. Sie mit Schulungen dafür fit machen. Daraus entwickelt sich ein grosses Potential auch für Generationenprojekte. Hier gilt das Augenmerk den Zielgruppen, die systematisch keinen digitalen Zugang haben: Wie wird diesen die Teilhabe ermöglicht?
Als übergordnete Ziele aus der Diskussion werden genannt:

Wie hast du persönlich Corona erlebt, welchen Fragen bist du nachgegangen? Was ist dir in der Isolation während Corona wichtig geworden? Sehen wir die Welt noch gleich? Diesen Fragen gibt der Workshop des Generationenforums Platz. Am Samstag, 20. Juni 2020 im KulturGartenSchadau. Alle Infos: hier.
UND-Generationenforum ist die Denk- und Machfabrik der Zivilgesellschaft in und um Thun. Die Generationenforen werden journalistisch dokumentiert und schweizweit verbreitet. Viermal im Jahr sollen Menschen verschiedener Generationen zusammenkommen und über ein für sie relevantes Thema diskutieren, Inputs hören und ihr eigenes Wissen weitergeben. Konkrete Projekte und Positionen sowie eine dem Thema entsprechende Öffentlichkeit sollen das Ergebnis von UND-Generationenforum sein. Organisiert wird UND-Generationenforum vom Verein UND Generationentandem. UND-Generationenforum will Anliegen stets generationenverbindend beleuchten.